Das ist ein Förderprogramm für die IT-Industrie

Viele Gegner hat das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angestoßene Digitale Versorgung Gesetz (DVG) im Bundestag nicht – das wurde bei der ersten Lesung am Freitag im Bundestag deutlich. Insbesondere Union, AFD, SPD und FDP lobten die Stoßrichtung der Reform. Harsche Kritik kam allerdings von den Linken.

Der Minister persönlich ließ sich entschuldigen, weshalb der Abgeordnete Tino Sorge von der CDU den ersten Aufschlag machte: „Das Warten hat sich gelohnt“, lobte er den Gesetzentwurf. Apps könnten bald auf Rezept verschrieben werden, weitere Player im Gesundheitswesen müssten sich an die Telematik-Infrastruktur anschließen und ein effektiver Datenaustausch zwischen den Leistungserbringern werde gefördert. „Das ist das Abschied vom Faxgerät“, so der Politiker. Die große Koalition werde schon bald auch die elektronische Gesundheitskarte zum Laufen bringen. Bedauerlich sei lediglich, dass die Debatte über die Digitalisierung von vielen Kritikern „nicht chancengetrieben“ geführt werde.

Jörg Schneider von der AFD unterstrich als nächster Redner zunächst die Bedeutung der Digitalisierung im Gesundheitswesen, die große Chancen biete. Wenn die Daten des Patienten vorlägen, könnten Ärzte die aktuelle Bildgebung mit alten Aufnahmen leichter vergleichen, Fachärzte sich leichter absprechen. „Machen Sie Werbung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen“, empfahl er den Kollegen im Bundestag. Die AFD werde den mit dem Gesetz angestoßenen Prozess „wohlwollend begleiten“. Kritisch sei lediglich zu sehen, dass die Krankenkassen künftig in TI-Startups investieren dürften. Da sei unter Umständen keine kritische Distanz von Kasse und Lieferant mehr gegeben.

Erwartungsgemäß positiv äußerte sich auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar. Sie Setze „große Erwartungen und Hoffnungen“ in die Digitalisierung. Wichtig sei dabei stets, dass der Patient Herr über seine Daten bleibe. Ziel des Gesetzes sei es, die Kommunikation im System zu verbessern und Bürokratie abzubauen. Die Digitalisierung brauche im Gesundheitswesen neuen Schwung – und das Gesetz sei da ein wichtiger Schritt. „Wir müssen dann schauen, dass wir Projekte, die sich bewährt haben, rasch in die Regelversorgung überführen.“

“Es fehlt das übergeordnete Gesamtkonzept”

Christine Aschenberg-Dugnus von der FDP sprach auch von „echten Chancen“ für das Gesundheitswesen. Positiv am Gesetzentwurf sei, dass es künftig Apps auf Rezept gebe, Kliniken und Apotheken an die TI angeschlossen würden und die Kassen digitale Versorgungsinnovationen fördern dürften. Allerdings fehle der Großen Koalition beim Thema Digitalisierung ein „übergeordnetes Gesamtkonzept“. Wichtig sei es auch, Patienten und Ärzte auf dem Weg mitzunehmen und ihre Sorgen zu sehen. „Das Thema Datensicherheit dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen“, so die gesundheitspolitische Sprecherin der Liberalen.

Achim Kessler von den Linken gab sich weniger zahm. Gerade erst habe es einen Datenskandal gegeben, bei dem unzählige Patientendaten gefährdet gewesen seien. Er verstehe gar nicht, warum das nun im Bundestag ignoriert werde. „Da Thema ist dann offenbar nicht so wichtig“, spielte er auf das Fernbleiben des Ministers an. Es sei ein Skandal, wie solche Vorgänge und Probleme rund um die Datensicherheit ausgeblendet würden. Darüber hinaus spreche die GroKo immer davon, dass die Hoheit der Daten beim Patienten liege. Schon in der ersten Fassung des Gesetzentwurfs sei dann aber gar nicht mehr vorgesehen gewesen, dass Patienten bei der elektronischen Gesundheitsakte einzelne Daten unsichtbar machen können (Anm. der Red.: Der Passus zur elektronischen Patientenakte ist inzwischen aus dem Gesetz ausgekoppelt worden und soll in ein eigenes Reformwerk fließen). Kessler regte sich auch darüber auf, dass die Kassen zu Investoren in der IT-Branche gemacht würden. Das sei Zweckentfremdung der Mittel und ein „Förderprogramm für die IT-Industrie“, was seine Partei in keiner Weise unterstütze. Die Digital-Pläne aus dem Hause Spahn machten die Patienten letztendlich zu „Versuchskaninchen“, so Kessler.

Etwas mildere Kritik kam von den Grünen. Es gebe zwar einige positive Ansätze – das Gesetz sei aber nicht der große Wurf, so die Abgeordnete Maria Klein-Schmeink. Auch sie bemängelte das Fehlen einer großen Gesamtstrategie. Es fehlten auch Regelungen, die Patienten mehr Mitspracherecht bei den Prozessen einräumten. Die Grünen hatten zuvor einen eigenen Grundsatzantrag zu dem Thema eingereicht. Zusammen mit dem Gesetzentwurf wurde dieser in den Gesundheitsausschuss des Bundestages überwiesen, wo das Gesetz weiter beraten werden soll.

Der änd wird darüber berichten.

Quelle:https://www.aend.de/article/199717 , Autor: js (aufgerufen 29.09.19)

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