2019 hat das Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht (BfDS) eine Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages auf den Weg gebracht. Darin haben wir gefordert, dass eine elektronische Patientenakte für Patienten und Ärzte dauerhaft freiwillig bleiben muss. Ärzte, die sich aus Datenschutzgründen nicht an die neue „Datenautobahn im Gesundheitswesen“ (Telematik-Infrastruktur, kurz TI) anschließen lassen, werden mit Gehaltsabzügen bestraft (aktuell 2,5%). Über die TI werden die Gesundheitsdaten an zentrale Server privater Unternehmen übermittelt. Wir fordern eine Abschaffung dieser Strafen. Über 64000 Menschen haben sich unserer Petition durch ihre Unterschrift angeschlossen. Im Juni 2020 hat Herr Dr. Meißner unsere Forderungen für das Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht vor den Petitionsausschuss des Bundestages vorgetragen.
Seitdem passiert – nichts! Auch nach wiederholten Nachfragen wurden wir vertröstet.
Mittlerweile befürwortet der Sachverständigenrat für Medizin, der dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) angegliedert ist, eine elektronische Patientenakte (ePA) für jeden verpflichtend ab Geburt.
Unser Thema ist also aktueller als je zuvor!
Petition an den Bundestag
Gesundheitspolitik
Keine zentrale Datenspeicherung sämtlicher Patientendaten; Anschluss von Arzt- und Psychotherapiepraxen an die Telematik-Infrastruktur auf freiwilliger Basis
(Überschrift der Onlinepetition kann von obiger abweichen)
Petitionstext:
Der Bundestag möge beschließen, dass Patienten keine Nachteile erleiden dürfen, die ihre Daten nicht in elektronischen Patientenakten (ePA) auf zentralen Servern außerhalb der Praxen speichern lassen wollen. Die Telematik-Infrastruktur (TI) für Ärzte und Psychotherapeuten sowie
die Nutzung der ePA für Ärzte und Patienten müssen freiwillig sein. Strafen gegen Ärzte und Psychotherapeuten, die sich nicht an die TI anschließen lassen, dürfen nicht verschärft, sondern
müssen abgeschafft werden.
Begründung:
Alle Ärzte, Psychotherapeuten, Apotheker und Krankenhäuser in Deutschland sind verpflichtet, sich über die TI miteinander zu vernetzen. Sämtliche Diagnosen und Patientendaten aller gesetzlich Versicherten sollen in elektronischen Patientenakten auf zentralen Servern privater Betreiber außerhalb der Praxen gespeichert werden. Die Daten sind bereits als Rohmaterial für Forschungszwecke vorgesehen.
Patientendaten, Diagnosen und Befunde sind jedoch besonders sensibel und schützenswert. Daten auf zentralen Servern können gehackt, veröffentlicht, missbraucht, verändert und gelöscht werden.. Eine zentrale Speicherung der Daten ermöglicht zudem eine komplette Kontrolle von Patienten und Ärzten. Kein Arzt wird für die Einhaltung des Datenschutzes einmal freigegebener Daten garantieren können.
Die Schweigepflicht ist in Gefahr!
Viele betagte Patienten, psychisch Kranke oder demente Menschen werden ausgegrenzt, da sie ihre elektronische Patientenakte gar nicht nutzen können. Die Gesprächszeit beim Arzt wird noch knapper, da die Bedienung der elektronischen Patientenakte zeitintensiv sein wird. Wichtige Informationen drohen in der Datenmenge unterzugehen, die Behandlungsqualität kann sich dadurch sogar verschlechtern.
Die Entwicklung der TI hat über 2 Milliarden Euro gekostet, bisher ohne erkennbaren Nutzen für die Gesundheit der Patienten. Bisher profitieren davon ausschließlich IT-, Telekommunikations- und Beratungsfirmen. Das Geld fehlt dafür in der Patientenversorgung. Etwa alle drei bis fünf Jahre wird die Hardware zu ersetzen sein. Das bedeutet weitere Kosten für das Gesundheitswesen, finanziert aus Beiträgen der Versicherten!
Zahlreiche Ärzte und Psychotherapeuten haben diese Aspekte und Risiken abgeschätzt und sich bewusst gegen eine Anbindung an die TI entschieden. Obwohl sie verantwortungsvoll handeln, werden sie vom Gesetzgeber mit Honorarabzügen bestraft. Weitere Sanktionen bis zum Entzug der Kassenzulassung wurden bereits angedroht.
Echte Fortschritte durch Digitalisierung in der Medizin sind zu begrüßen. Eine sichere Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten sowie von Ärzten und Psychotherapeuten untereinander ist wünschenswert.
Die TI in der derzeitigen Form, eine zentrale Datenspeicherung sämtlicher Patientendaten sowie ein Druck oder Zwang zur Nutzung und Installation von TI und ePA sind jedoch abzulehnen.
Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt bzw. Psychotherapeut und Patient sowie die Vertraulichkeit sensibler Patientendaten sind unveräußerlich!
Die Bezeichnungen „Ärzte, Psychotherapeuten, Patienten, Apotheker“ wurden wegen der leichteren Lesbarkeit gewählt. Gemeint sind sowohl männlich, weiblich als auch divers.
V.i.S.d.P.
Dr. Andreas Meißner, Psychiater, Tegernseer Landstr. 49, 81541 München;
Dr. Karen von Mücke, Internistin, Entenbachstr. 10, 81541 München