Wissenschaftler fordern Studien für Gesundheits-Apps – BMG nicht begeistert

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will Gesundheits-Apps in die Regelversorgung bringen, und zwar möglichst schnell. Deshalb gefällt ihm wohl auch nicht, was Wissenschaftler der TU Berlin nun dafür empfehlen: nämlich, die Anwendungen erst durch klinische Studien zu prüfen.

Krankenkassen sollen für ihre Versicherten künftig die Anwendung von Gesundheits-Apps bezahlen, so steht es im Entwurf zum Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG), über das der Bundestag heute Nachmittag erstmals debattieren wird. Doch welche Voraussetzungen müssen die Apps erfüllen, um in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen zu werden? Diese Frage ist bislang noch ungeklärt.

Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) Berlin haben sich in einem vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geförderten Projekt mit dieser Frage beschäftigt – und nun Empfehlungen vorgelegt. Mit diesen sei das BMG aber nicht einverstanden, berichtet das „Handelsblatt“ (Freitag).

In ihrer Ausarbeitung, die dem „Handelsblatt“ nach eigenen Angaben vorliegt, plädieren die TU-Wissenschaftler nämlich dafür, dass Gesundheits-Apps erst dann in die Regelversorgung aufgenommen werden sollten, wenn deren Anbieter mittels Studien die Wirksamkeit nachweisen könnten. Dafür sollten die Apps unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden. Zur untersten Klasse könnten zum Beispiel einfache Monitoring-Anwendungen zählen, deren Zielgruppe hauptsächlich gesunde Menschen seien. Für diese Apps würden deskriptive Studien ausreichen. In die höchste Klasse sollten Apps eingeordnet werden, die für Patienten mit instabilem Gesundheitszustand gedacht seien. Hierfür sind hingegen vergleichende Studien notwendig, empfehlen die Wissenschaftler laut „Handelsblatt“.

Wissenschaftler warnen vor hohen Kosten und Risiko für Patienten

„Auch für DiGA (digitale Gesundheitsanwendungen) müssen die Grundlagen der evidenzbasierten Medizin gelten. Ein Jahr lang DiGA ohne Nachweis eines medizinischen Nutzens durchzuwinken, kann teuer werden und ist ein Risiko für den Patienten“, zitiert die Zeitung Victor Stephani von der TU Berlin.

Dem Bundesgesundheitsministerium gehen die Vorschläge der TU-Wissenschaftler aber offenbar zu weit, will das „Handelsblatt“ erfahren haben. „Während die Forscher mit Sicherheit für den Patienten argumentieren, befürchtet das BMG eine Innovationsbremse durch die Vorschläge“, schreibt die Zeitung. Denn dem Ministerium gehe es schließlich vor allem darum, Innovationen anzutreiben.

Deshalb heißt es auch im Entwurf zum Digitale-Versorgung-Gesetz (S. 58), dass Gesundheits-Apps bereits „im Rahmen einer einmaligen Erprobungsphase“ in die Regelversorgung aufgenommen werden dürfen, auch wenn „mangels Praxiserfahrung noch keine hinreichenden Nachweise für tatsächliche positive Versorgungseffekte“ vorlägen. In dieser Erprobungsphase, die laut Entwurf auf 12 Monate beschränkt ist und maximal auf 24 Monate ausgeweitet werden kann, könnten dann „die erforderlichen Nachweise generiert werden“.

Das BMG möchte an der jetzigen Formulierung im DVG-Entwurf festhalten und lehnt die Empfehlungen der TU-Wissenschaftler ab. „Forderungen, die Erstattungsfähigkeit doch von Beginn an klassische Studien zu knüpfen, würde an dieser Stelle erneut einer Innovationsbremse gleichkommen“, zitiert das „Handelsblatt“ Jörg Debatin, Leiter vom Health Innovation Hub des BMG. Ferner schreibt die Zeitung: „Wie mehrere mit dem Projekt betraute Personen dem Handelsblatt bestätigten, hat es mehrere Treffen zwischen Verantwortlichen des BMG, des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) und den TU-Berlin-Wissenschaftlern gegeben. Insbesondere die BMG-Vertreter sollen klar ihre Abneigung gegenüber den Vorschlägen der Wissenschaftler signalisiert haben und wollen sich offenbar nicht von dem Plan der einjährigen Erprobungsphase abbringen lassen.“

Quelle: https://www.aend.de/article/199707, Autor: sk (aufgerufen 29.09.19)

1 Gedanke zu „Wissenschaftler fordern Studien für Gesundheits-Apps – BMG nicht begeistert

  • admin 29. September 2019 um 15:42 Uhr

    § 12 SGB V Wirtschaftlichkeitsgebot

    (1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

    Da es sich ja um eine Kassenleistung handeln wird, muss §12 SGB V eingehalten werden…schauen wir mal, ob in Deutschland noch Gesetze was wert sind

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