Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitstreiterinnen und Mitstreiter und Interessierte!
unser offener Brief an Gesundheitsminister Lauterbach ist raus, mit Unterschriften von 418 Mitzeichnenden! Herzlichen Dank an die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Katja Scheuss für Idee und Umsetzung! Wir warten gespannt auf die Antwort von Herrn Lauterbach.
https://www.gesundheitsdaten-in-gefahr.de/infomaterial/offener-brief-an-bgm-k-lauterbach/
https://www.gesundheitsdaten-in-gefahr.de/wp-content/uploads/2022/05/Brief-an-Lauterbach-11.5.2022-mit-Unterschriften.pdf
Wie geht es weiter mit der TI? Wann werden endlich die Sanktionen abgeschafft? Das fragen sich viele Kollegen und Kolleginnen ohne TI-Anschluss, von denen einige bereits Tausende von Euro Strafe gezahlt haben. Auch wenn die Einführung der einzelnen Anwendungen immer wieder verschoben wurde – ab 1.7.22 wird die eAU endgültig verpflichtend (mit Ersatzverfahren bei nicht funktionierender Technik). Ob eine Kasse dann das alte AU-Formular ablehnen wird, ist schwer vorauszusagen. Ab dem 1.9.22 sollten die ersten beiden Bundesländer, Bayern und Schleswig-Holstein, das eRezept verbindlich einführen. Das hat bei den betreffenden KVen zu einem Sturm der Entrüstung geführt, da von den angestrebten 30.000 eRezepten erst gut die Hälfte ausgestellt wurde, bundesweit insgesamt von nur 224 Ärztinnen und Ärzten. Die Mehrzahl der eRezepte wurde von genau ZWEI Ärzten ausgestellt. Der eine Arzt sitzt im Vorstand des illustren Industrie-Lobby-Vereins „die eRezept Enthusiasten“ und kümmert sich um das Akzeptanz-Marketing für eRezept und eAU, seit neuestem auch als Kolumnist in der Medial Tribune.
https://www.medical-tribune.de/meinung-und-dialog/artikel/erezept-eau-und-natuerlich-empoerung
Auch wenn die Gematik von einem Meilenstein spricht, ist das eRezept für die Ärzte doch eher Sand im Getriebe des Praxisablaufs.
Der Berufsverband Deutscher Nervenärzte und Psychiater, BVDN, schreibt in seinem aktuellen Newsletter: "Zum elektronischen Rezept hat die GEMATIK kürzlich beantragt, dass im Rahmen einer stufenweisen Einführung zuerst die KVen Bayern und Schleswig-Holstein obligatorisch das eRezept einführen müssen. Dies haben die Vorstände beider KVen unmittelbar abgelehnt. Was nun gilt wird sich zeigen. Denn bisher wurden bundesweit nicht einmal 30.000 eRezepte in der Testregion Brandenburg mit lediglich zehn PVS-Systemen ausgestellt und eingelöst. Tatsächlich stellen wir Kassenärzte täglich 2 Mio. (!) analoge Rezepte manuell aus. Jedenfalls sind bisher keine Sanktionen vorgesehen für Nichtanwender von eAU bzw. eRezept!"
Mehrere KVen haben die Widerspruchsverfahren gegen die Honorarabzüge wegen laufender Musterverfahren ruhend gestellt. Zuletzt wurde die Rechtmäßigkeit der Honorarabzüge wegen der Nichtinstallation der TI vom Sozialgericht Stuttgart bestätigt (28.1.2022, S 24 KA 166/20). Die Begründung lautete, dass die Beteiligung des BfSI und des Bundesdatenschutzbeauftragten bei der Einführung des Konnektors zur Wahrung des Datenschutzes ausreichte. Der klagende Arzt wird deshalb vor die nächste Instanz ziehen. Eine abschließende Entscheidung liegt deshalb noch nicht vor.
Herr Kuketz, Fachmann für IT-Sicherheit und Datenschutz, sieht die geplante opt-out-Regelung bei der ePA genauso wie wir kritisch.
https://www.kuketz-blog.de/elektronische-patientenakte-epa-bald-opt-out-von-der-epa-notwendig/
Weil ablaufende Zertifikate in den Konnektoren nicht ausgetauscht werden dürfen und die softwarebasierte TI ohne Konnektoren bislang nur eine Fata Morgana ist, müssen in den nächsten zwei Jahren ca. 120.000 Konnektoren ausgetauscht werden und mutieren zu teurem Elektroschrott.
Dauerbrenner IT: Mit dem Wechsel der Konnektoren steht das nächste Problem an - Interview mit Dr. Petra Reis-Berkowicz
Dem Vorstand der KV Rheinland-Pfalz platzt der Kragen. Er fordert einen Stopp der TI in ihrer jetzigen Form und ein Ende der Sanktionen.
https://www.aerzteblatt-rheinlandpfalz.de/pdf/rlp2205_004.pdf
Der Bayerische Facharztverband sieht die Praxen als Versuchskaninchen für das eRezept, das unzureichend getestet ab 1.9.22 in zwei Bundesländern eingeführt werden soll.
https://www.bvnf.de/aktuelles/artikelansicht/?no_cache=1&tx_ttnews%5Byear%5D=2022&tx_ttnews%5Bmonth%5D=05&tx_ttnews%5Bday%5D=13&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1172&cHash=ea284f7d615ba7a662de47b00abbec56
Für die abstürzenden Kartenleser gibt es demnächst antistatische Aufsätze, die das Problem beheben sollen. Aber nicht etwa der Hersteller bessert nach – nein, er bekommt seinen Murks vergoldet und erhält pro Aufsatz 25,90 Euro netto. Die Kosten werden den Praxen aus Versichertengeldern erstattet. Ich finde das eine Veruntreuung von Krankenkassenbeiträgen!
https://www.kbv.de/html/1150_58021.php
Auf Vorschlag der EU-Kommission sollen die Gesundheitsdaten der Bürger in einen europäischen Datenraum fließen und der Forschung, der Wirtschaft und der Politik dienen. Dies ist die eigentliche Triebfeder der Digitalisierung. Es geht um die Verwertung der Daten. Je genauer der Gesundheitszustand eines Menschen skaliert werden kann, desto eher kann man beurteilen, inwiefern es sich „lohnt“, ihn zu behandeln.
https://www.heise.de/news/Gesundheitsdatenraum-EU-Kommission-will-E-Patientenakte-in-gross-fuer-alle-7073978.html?wt_mc=nl.red.ho.ho-nl-newsticker.2022-05-04.link.link
Eine kritische und sehr lesenswerte Analyse der Digitalisierung im Gesundheitswesen liefert Norbert Häring in seinem Blog: Digitale Gesundheit - vom Arztgeheimnis zum Anschluss aller an das „Internet der Körper“
https://norberthaering.de/macht-kontrolle/heyer-digitale-gesundheit/
Ein Versicherter mit einer seltenen Erkrankung wird juristisch gegen das 2019 von der damaligen Großen Koalition beschlossene Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) vorgehen, zusammen mit Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/gesundheitsdaten
https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/buergerrechtler-klagen-gegen-weitergabe-von-gesundheitsdaten-a-9e2d37e3-857a-4209-9015-98f1f05d0bcd
https://www.heise.de/news/Forschungszentrum-Klage-gegen-zentrale-Massenspeicherung-von-Gesundheitsdaten-7070304.html
Auch wenn das Thema Datenschutz und Schweigepflicht immer noch nicht in der Bevölkerung angekommen ist und die TI-Nutznießer aus der Wirtschaft immer wieder versuchen, unsere Argumente als haltlos abzutun – wir bleiben dran! Es gibt auch weiterhin ein Leben ohne TI und Konnektor.
Ihre/eure K. v. Mücke für das Bündnis für das Kernteam des Datenschutz und Schweigepflicht
Dr. med. Karen v. Mücke
Internistin, Diabetologin
Entenbachstraße 10
81541 München
Tel: 089-653598 |