Newsletter - Gesundheitsdaten in Gefahr Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht
26. Newsletter

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe MitstreiterInnen und Interessierte,

jedes Mal, wenn Sie eine Webseite aufrufen, werden Sie aufgefordert, Cookies zu erlauben oder Sie müssen umständlich eine individuelle Einstellung wählen. Beim nächsten Besuch auf dieser Website geht das Spiel von vorne los. Vermutlich stimmen Sie irgendwann einfach entnervt zu und wissen doch, dass Ihre Suche damit getrackt wird und weitere Anbieter Ihre Vorlieben erfahren werden. Jetzt sind die aktualisierten Nutzungsbedingungen von WhatsApp im Gespräch. WhatsApp gibt offensichtlich sämtliche Daten aus Ihrem Adressbuch an Facebook weiter, ohne dass Sie widersprechen können. So hinterlassen Sie immer mehr Spuren im Internet. Warum schiebt der Gesetzgeber keinen Riegel vor solche Machenschaften? Können Gesetze mit dem technischen Fortschritt wirklich nicht mithalten? Ist es realitätsfremd, die Macht der IT-Branche begrenzen zu wollen? ÄrztInnen sind ihren PatientInnen verpflichtet und unterliegen der Schweigepflicht, die IT-Branche hat keinen Ethikkodex. Deshalb erzeugt das gesetzlich erzwungene Überlassen von sensiblen Patientendaten an die IT-Industrie bei vielen KollegInnen ein sehr ungutes Gefühl. Wir können nicht (mehr) davon ausgehen, dass die Gesundheitspolitik unsere Werte (Arztgeheimnis, Patientenwohl als höchstes Ziel) überhaupt zur Kenntnis nimmt, geschweige denn mitträgt. Deshalb ist bei allen, die sich intensiver mit der Thematik beschäftigen, das Vertrauen zur Politik und zur IT-Branche verlorengegangen.

 

Hier ein Erfahrungsbericht einer Kollegin, die sich kürzlich an die TI anschließen ließ: „Vor Weihnachten haben wir neue Server bekommen und alles wegen der TI. Kosten von 20.000 € reichen nicht aus. Die Firma rechnet Pauschalen für die Umsetzung ab und extra noch die Stunden vor Ort , Fahrtkosten in Höhe von 560.-€ !!!!!- da habe ich mich jetzt beschwert. Bisher habe ich noch keinerlei Nutzen von der TI…..“ Dazu fallen einem doch spontan Begriffe wie Gauner und Wegelagerer ein.

 

Frank Gibis, der IT-Sicherheitsspezialist, der Herrn Meißner zur Petitionsanhörung begleitet hat, hat sich über die aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung in der Medizin Gedanken gemacht. Die Kernbotschaft seines Gastbeitrags (im Anhang der ausführliche Text): Identität ist, was einzigartig macht! In einer digitalen Welt, nach dem Wunsch des Bundesgesundheitsministers, soll der Patient lediglich über eine digitale Identität gegenüber dem überall verfügbaren Datensatz der cloudbasierten Arztsoftware identifizierbar sein und wird somit nicht viel mehr als eine Fußnote von genau diesem Datensatz. Eine persönliche Arzt-Patient-Beziehung spielt keine Rolle mehr – der Leistungserbringer ist austauschbar.

 

Die KVB (Kassenärztliche Vereinigung Bayern) gehört erfreulicherweise zu den KV`en, die die Widersprüche gegen die Telematik-Infrastruktur (TI) ruhend gestellt haben, bis die Gerichtsverfahren zur TI abgeschlossen sind. Die KVB hat einen ausführlichen TI-kritischen Leserbrief von uns im „KVB info“, das alle bayerischen ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen erhalten, veröffentlicht (im Anhang).

 

In einem aktuellen Interview mit der Siegener Zeitung hat sich unser Kollege W. Deiss zur ePA kritisch geäußert (im Anhang).

 

Das BfDS ist bundesweit vernetzt. In diesem Newsletter möchten wir Ihnen WISPA vorstellen, eine sehr aktive TI-kritische Initiative aus Münster, deren interessante Website zum Stöbern einlädt: http://wispa-muenster.de/

In einem Rechtsgutachten hat die WISPA klären lassen, ob die (prozentualen) Abzüge bei Nichtanbindung an die TI rechtens sind. Hier die Einschätzung des Gutachters:

Der (pauschale) Eingriff stellt einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG dar, und zwar auf der Ebene des "Wie" (ich meinen Beruf ausübe) und auf der Ebene des "Ob" (ich meinen Beruf ausüben kann). Unterm Strich stellen die Sanktionen einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, die nicht im Verhältnis stehen mit den gewünschten und gewollten - aber keineswegs ausreichend gesicherten - Vorteilen (=Verwaltungsvereinfachung, Verhinderung von Missbrauch, unterm Strich also Kosteneinsparungen bei einer besseren Gesundheitsversorgung).

 

Der (prozentuale) Eingriff stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG dar. Mit dem prozentualen Eingriff wird eine Dialyse-Arztpraxis, mit teuren Gerätschaften, hohen Personalkosten und hohem Jahresumsatz ungleich höher bestraft als eine 1-Mann/Frau-Psychotherapeutenpraxis. Es ist nicht ersichtlich, wie diese Ungleichbehandlung angemessen und zielführend sein soll, zumal der prozentuale Abzug sich tatsächlich am Umsatz und nicht am Einkommen/Gewinn der Praxen orientiert. Insbesondere die Kürzungen von 2,5 bzw. (bald) 3,5% könnten für viele Praxen so gravierend sein, dass sie schlicht unverhältnismäßig sind.

 

Die Verstöße gegen Art. 12 GG und Art. 3 GG sind hier unabhängig von der Frage zu sehen, ob die Berechtigung (irgend)eines Abzugs überhaupt rechtens ist, da Leistungserbringer gezwungen sein könnten, gegen Datenschutzvorschriften zu verstoßen. Dies ist ja bereits Gegenstand anderer Musterklagen.

 

Unter dem Titel „tut mal kurz weh“ beschreibt der CCC (Chaos Computer Club) die neuesten Sicherheitslücken bei den TI-Konnektoren. Als richtiger Aufreger kam das aber nicht rüber, mehr als behebbare Panne. Hoffen wir, das der CCC nicht zum Alibi-Kritiker der TI mutiert.

https://www.heise.de/news/rC3-Es-krankt-an-der-Sicherheit-im-Gesundheitswesen-5001060.html

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In eigener Sache:

Wer sich mit uns aktiv für Datenschutz und Schweigepflicht engagieren möchte, ist mit seinen Ideen und seiner Tatkraft im BfDS herzlich willkommen!

 Unsere bisherigen Newsletter finden Sie im Newsletter-Archiv auf unserer Website:

https://www.gesundheitsdaten-in-gefahr.de/newsletter-archiv/#

Gerne können Sie unseren Newsletter an Interessierte weiterleiten. Über die stetig wachsende Zahl unserer Newsletter-AbonnentInnen freuen wir uns! Der Versand erfolgt automatisch nach der Registrierung auf unserer Website
www.gesundheitsdaten-in-gefahr.de. Der Bezug verpflichtet Sie zu nichts. Ihre Adresse wird ausschließlich für den Versand des Newsletters benutzt, nicht zu Werbezwecken verwendet und nicht weitergegeben.  

Mit freundlichen Grüßen und einen guten Start in 2021!

Ihre K. v. Mücke für das Kernteam des BfDS

 

Dr. med. Karen v. Mücke

Internistin, Diabetologin

Entenbachstr. 10

81541 München

Tel: 089-6929528

 

 

Unser Patienten-Informationsflyer über die Gefahren der ePA steht auf unserer Website kostenfrei zur Ansicht, Download und Ausdrucken bereit.

In größerer Stückzahl können Sie ihn kostenpflichtig über print-on-demand bei viaprinto.de bestellen. Sie können den Flyer individuell mit ihrem Praxisstempel versehen. Hier der Link zur Bestellung, auch zur Weitergabe an Interessierte:

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Anhänge zum Newsletter

hier gelangen Sie zu den Anhängen des Newsletters (i.d.R. PDF Dokumente).

Gehen Sie dazu  zum entsprechenden Ordner auf der Homepage.

Finanzielle Unterstützung

Für das Gestalten von Flyer, Homepage, Briefe etc. fallen doch finanzielle Aufwendungen an.

Falls Sie das Bündnis finanziell unterstützen möchten, können Sie dies gerne mit einem kleinen finanziellen Beitrag tun.

CAVE:

Damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Bei unserem Bündnis handelt es sich nicht um einen eingetragenen gemeinnützigen Verein. Somit können wir Ihre Unterstützung nicht mittels einer Spendenbescheinigung quittieren. Ihre Unterstützung ist reines Privatvergnügen!

Die Kontoverbindung lautet wie folgt:

Bündnis f. Datenschutz u. Schweigepflicht

Deutsche Apotheker- und Ärztebank

IBAN DE73 3006 0601 0107 1494 09

BIC DAAEDEDDXXX

Verwendungszweck: Unterstützung BfDS

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